von Petra Lindner
They’ve been spending most their lives
Living in a pastime paradise
They’ve been wasting most their lives
Glorifying days long gone behind
They’ve been wasting most their days
In remembrance of ignorance oldest praise
Tell me who of them will come to be
How many of them are you and me…
sang Stevie Wonder 1976 und beschrieb in diesem Song die immer noch miserable Lage der Afro-Amerikaner inmitten einer sich vergnügenden und ignorierenden amerikanischen Gesellschaft.
2007 fasst der Kölner Photograph Christian Gieraths seine im amerikanischen Westen entstandenen Photoserien unter diesem Titel zusammen. Sein Paradies des Zeitvertreibs entsteht jenseits der sozialen und politischen Implikationen der US-Staaten entlang der Pazifikküste und verweist dennoch als ästhetischer Kontext auf ein Leben zwischen den potemkischen Dörfern eines Las Vegas und den Kulissen der Universal Studios.
Christian Gieraths hat sich nach seinen Arbeiten im ukrainischen Sotchi, in Tokio oder Kapstadt wieder einer vollkommen anderen Urbanität gestellt. Die kalifornische Sonne oder das Wüstenlicht von Las Vegas leuchten wie die Scheinwerfer Bühnen aus, auf denen jeden Moment „Action“ erwartet wird. Wie in den meisten Arbeiten von Christian Gieraths sind die Straßen und Plätze wie leergefegt, die Türen sind verschlossen, meistens menschenleer. Ist es die Ruhe vor dem Sturm?
Die Serie „Pastime Paradise“ ist ganz nach dem Konzept der subjektiven Dokumentarphotographie Gieraths Blick auf die atmosphärischen Strukturen, die Farben und das gleißende Licht, die Linien der Architektur und dem Verhältnis von Fläche und Detail in Städten wie Los Angeles und Las Vegas bis hin zu den Lichtinseln der Motels in der Dunkelheit der Wüstenstraßen. Er lässt die Wirklichkeit wie Filmsets, Tableaux des Zeitvertreibs erscheinen: hochästhetische Bühnenbilder für die Drehbücher, die der Betrachter in ihnen entstehen lässt.
Gieraths Photographien können zum einen Vakuum sein, zum anderen aber verweisen sie auf eine Ruhe, ein Innehalten, sprechen vom Glück des „still gestellten Augenblicks“ (Karl Heinrich Hucke), den die Photographie zu produzieren vermag. Der ästhetische Ansatz dieser Serie ehrt die Farben (ein Rosa, das gleichzeitig in den Markisen und am Bordstein erscheint) und Flächen (das Spiel von Fassaden und Straßen), thematisiert immer wieder das Licht (im Kontrast zu seinen Schatten oder in scheinbarer Überbelichtung) und präsentiert uns vor allem eins: Schönheit.